Rennbahn Boxberg


Ein Mikrokosmos voller Leben und Farbe


"The Sport of Kings" nannte man einst den Galopprennsport, wohl deshalb, weil er eng mit dem englischen Königshaus der Windsors verbunden war. Schließlich haben sie den Galopprennsport mitbegründet. In der heutigen Zeit präsentiert sich der Rennsport überaus volksnah und nicht mehr so exklusiv wie früher. Doch wer einmal aus unmittelbarer Nähe am Führring die Eleganz der Pferde sowie vor und während des Rennens die prickelnde Spannung erlebt hat, der kommt von diesem Sport nicht mehr los und fühlt sich selbst wie ein kleiner König. Man muss sie lieben, die edlen Vollblüter und ihre Jockeys in den bunten Dressen. Der Galopprennsport ist ein Mikrokosmos voller Leben und Farbe. Umso erstaunlicher ist es, dass seine Anhänger in allen Gesellschaftsschichten zu finden. 


Mehr als 40 Galopprennbahnen gibt es in Deutschland. So treffen sich auf den großen Rennbahnen wie in Baden-Baden, Hamburg, Köln oder Frankfurt, aber auch auf den kleineren in Leipzig oder Gotha-Boxberg Aristokraten, fröhliche Familien, Unternehmer und Senioren gleichermaßen. Der Galopprennsport wird keiner elitären Schicht mehr zugeordnet, sondern ist zu einem Volks- und Familienfest geworden. Vor allem auf der traditionsreichen Galopprennbahn Gotha-Boxberg, einer der ältesten Rennbahnen in Deutschland, kann man Turfbesucher beobachten, die mit Klappstühlen und Kühltaschen voller Eistee und selbstgebackenen Kuchen, die Renntage besuchen. Denn auf dem Boxberg blickt man auf eine lange Galoppsport-Tradition zurück.


Hier vor den Toren der Residenzstadt Gotha ließ 1878 der Rennverein für Mitteldeutschland auf Anregung des damals im Herzogtum Gotha regierenden Herzogs Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha (im Bild) eine der schönsten Rennbahnen in Deutschland errichten. Die mustergültige Anlage besitzt mit 2900 Metern eine der längsten Flachrennbahnen und gilt heute noch als eine der anspruchsvollsten. Ernst II. hatte nicht nur eine Vorliebe für Pferde, sondern war auch ein begnadeter Reiter. Er verauslagte dem Rennverein zum Ankauf des notwendigen Terrains, zur Anlage der Rennbahn und zur Errichtung der Renngebäude eine Summe von 170.000 Mark. Außerdem bekam der Rennverein eine Konzession zur Veranstaltung von jährlichen Lotterien, aus denen die für den Rennbetrieb nötigen finanziellen Mittel gewonnen wurden.

63 Hektar Land wurden auf dem Boxberg von den angrenzenden Gemeinden käuflich erworben. Für die Umsetzung der Baumaßnahmen wurde der Berliner Rittmeister Andre engagiert, der bereits seine Erfahrungen auf anderen Rennbahnen sammelte. So wurden zunächst zwei Tribünen, Musikhalle, Stallungen, Wirtschaftsstall, Retirade und Schuppen errichtet. Eröffnet wurde die Rennbahn am 22. September 1878 mit fünf Hindernisrennen und einem großen Volksfest.



Ein Jahr später wurde ein Totalisatorgebäude gebaut, welches 1910 vergrößert wurde. Ihre glanzvollste Zeit verzeichnete die Rennbahn vor dem Zweiten Weltkrieg. So lassen die im Jugendstil umgebaute Haupttribüne, Stallungen und Totalisatorgebäude die einstige Pracht wieder erkennen. Mehr als zehntausende Besucher strömten jährlich der Straße zum Boxberg hinauf, um den Vollblutrennen beizuwohnen. Aufgrund der hohentechnischen Qualität der Gothaer Rennbahn nahmen bald alle bedeutenden Ställe und Reiter an den Boxberg-Meetings teil. Der Aufschwung des Rennbetriebes äußerte sich auch in der Erhöhung der Rennpreise von 10.500 bis 100.000 Mark im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts.

Viele Höhen und Tiefen musste die Rennbahn seither überwinden. Auch wenn  seit zwei Jahren die Startglocke auf dem Boxberg verstummt ist, donnerten nach der Wende wieder regelmäßig Pferdehufe über das Geläuf.  Jährlich drei Renntage mit Englischen und Arabischen Vollblütern fanden hier statt. Tribüne und Nebengebäude wurden aufwendig saniert und die jahrelang geschlossene Rennbahngaststätte wieder eröffnet. Unter denkmalschützerischen Auflagen wurde das Fach- und Mauerwerk der historischen Tribüne Stück für Stück untersucht und detailgetreu in Originalfarbe wieder hergestellt. Insgesamt flossen 500.000 Euro in die Sanierung. Ein großer Teil stammt aus Fördermitteln, wie der Gothaer Kulturstiftung.